Geschichte 1

Visuelle Markierungen ersetzen wiederkehrende verbale Instruktionen
Eine Geschichte vom „Grünen Punkt"

Dies ist eine Geschichte aus Marvins Alltag. Er ist 4 Jahre alt und liebt es, beim Ankommen an der Eingangstür seines Wohnhauses, die Klingel zu drücken. Hört er danach seinen Vater oder eines seiner Geschwister durch die Freisprechanlage sprechen, ist er besonders glücklich. Auch wenn er auf eine falsche Klingel drückt (was sehr oft passiert ☹), hört er meistens eine Stimme und freut sich riesig darüber.

Klingelschild-grüner-Punkt

(vgl. Schatz und Schellbach 2014, S. 176)

Die Nachbarn finden es nicht immer so toll, wenn Marvin bei ihnen klingelt. Oft gab es deswegen schon Ärger. Die Eltern helfen Marvin, indem sie ihm immer wieder die richtige Klingel zeigen. Doch scheint sich Marvin die richtige Stelle nicht zu merken. Und ganz ohne Klingeln geht es auch nicht, denn dann geht Marvin nicht ins Haus.

Die Eltern wünschen sich:

„Marvin soll lernen , nur auf den Klingelknopf der Familie zu drücken”

Aus der Elternschulung wissen sie, dass es oft hilft, gesprochene Sprache durch eine Visualisierung zu ergänzen und haben die Idee, einen Punkt auf das richtige Klingelschild zu kleben. Dieser Punkt soll in einer autismussensiblen Sprache zu ihrem Sohn »sagen«:

 

Grüner-Punkt  „Marvin, hier kannst du klingeln!”.

 

Die Eltern klebten mit Marvin gemeinsam einen Punkt auf ihr Familienklingelschild. Heute klingelt Marvin nur noch an der eigenen Klingel.
Das Hilfsmittel in Form des grünen Punktes ist recht einfach. Das Verstehen der Bedeutung eines Hilfsmittels ist jedoch keineswegs immer so einfach wie bei Marvin. Oft steht vor der Umsetzung der Idee ein längerer Erarbeitungs- und Übungsweg. Dabei geht es dann vorallem um den Aufbau von Motivation, dass Hilfsmittel als solches zu erkennen, anzunehmen und zu nutzen.

Tipp:

Wer mehr über visuelle Instruktionen erfahren möchte, kann u. a. in folgender Fachliteratur stöbern:

  • Schatz, Yvette; Schellbach, Silke (2012): Strukturierte Förderung und Unterstützung nach dem TEACCH-Ansatz im Konzept KleineWege®. In: Behinderte Menschen (4/5), S. 57-73.
  • Schatz, Yvette; Schellbach, Silke (2014): Strukturierte Förderung nach dem TEACCH-Ansatz im Konzept KleineWege®. In: Praxis Ergotherapie (4), S.170-178.
  • Schatz, Yvette; Schellbach, Silke (2015): TEACCH – Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children. In: Georg Theunissen, Wolfram Kulig, Vico Leuchte und Henriette Paetz (Hg.): Handlexikon Autismus – Spektrum. Schlüsselbegriffe aus der Forschung, Theorie. Praxis und Betroffenen-Sicht. Stuttgart: Kohlhammer, S. 365-367.
  • Häußler, Anne (2016): Der TEACCH® Ansatz zur Förderung von Menschen mit Autismus. Einführung in Theorie und Praxis. 5., verbesserte und erweiterte Aufl. Dortmund: modernes lernen.
  • Häußler, Anne (2021): TEACCH – ein kommunikationsorientierter Ansatz zur ganzheitlichen Förderung von Menschen mit Autismus. In: Etta Wilken (Hg): Unterstützte Kommunikation. Eine Einführung in Theorie und Praxis. 6. Auflage. Stuttgart: Kohlhammer, S. 188-211.

Haben Sie schon alle Geschichten von grünen und roten Punkten gelesen? Dann fällt Ihnen bestimmt auf, dass die Hilfsmittel immer gleich sind. Es sind und bleiben farbige Punkte. Jedoch unterscheidet sich ihre Bedeutung und der Weg der Erarbeitung. Umso wichtiger ist es, sich gemeinsam mit allen Personen zu beraten bzw. sie darüber zu informieren, welche Bedeutung Hilfsmittel für ihr Kind haben. Dies kann z. B. in einem Unterstützerkreis geschehen.

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